Cuxhavener Friedhöfe - vergangen, vergessen, vorüber
Althergebrachte Friedhöfe für den heutigen Bereich der Kernstadt Cuxhaven waren die zwei Kirchen der
Kirchspiele Altenwalde und Groden. Bekannt ist aus der Zeit der Paulspadden, ein Kirchenpfad, der von
Grimmershörn über die heutige Poststraße in Richtung Süderwisch verlief. Kirchspielgrenze war die
Altenwalder Wettern. Dazu kam dann um die Mitte des 16. Jahrhunderts das aus einer Kapelle erwachsene
Kirchspiel Döse. Wie früher üblich waren die Friedhöfe den Kirchen direkt angelagert. Im 19. Jahrhundert
dann wurde mit dem Bau der Ritzebütteler Martinskirche ein weiterer Friedhof eröffnet. Diese bislang
kirchlichen Friedhöfe wurden 1931 durch den ersten kommunalen Friedhof `Brockeswalde´ ergänzt. Dazu
kamen natürlich die jeweiligen Friedhöfe der umliegenden Gemeinden. Nicht zu vergessen der jüdische
Friedhof im Brockeswald.
Kaum allgemein bekannt sind entgegen diesen offiziellen Friedhöfen mehrere Begräbnisstätten, die auch nur
ein kurzes Stück Zeitgeschichte in Cuxhaven darstellen und heute zumeißt dem Vergessen anheim gefallen
sind. Im Folgenden führe ich die mir bekannt gewordenen auf. Dabei ist weder sichergestellt, dass mir alle
Stätten bekannt geworden sind, noch lassen sie sich heute noch detailiert beschreiben, da es teilweise so
gut wie keine Angaben darüber gibt. Nicht berücksichtigt sind dabei die frühzeitlichen Gräberfunde in den
ehemaligen Heidedörfern. Die im folgenden aufgeführten Grabstätten zeichnen sich dadurch aus, dass es
sich hauptsächlich um Friedhöfe für an Seuchen Verstorbene der diversen Cuxhavener Quarantänean-
stalten handelt. Diese versahen ihren Dienst an Schiffsreisenen, Seeleuten, wie Passagieren, in Cuxhaven
seit der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts als Stützpunkt der Seuchenkontrolle einkommender Schiffe aus
bestimmten Regionen, vorzüglich für Hamburg. Dabei wäre aber auch noch zu sagen, dass zu Beginn der
Quarantäne die Verstorbenen auf den Friedhöfen der beiden Kirchen Döse und Groden, später dann auch in
Ritzebüttel, begraben wurden.
Biengräber
Auf einer Karte des Magisters Petro Hesselio aus dem Jahre 1675 ist im Außendeichsgelände der Hafenein-
fahrt ein mögliches Gräberfeld in Form einzelner Grabstätten verzeichnet und mit der Bezeichnung `Biengrä-
ber´ versehen.
Es lässt sich jedoch weder mit Bestimmtheit sagen, wo genau das Gräberfeld
gelegen hat. Laut der Karte könnte es sich im Bereich des heutigen Parkplat-
zes am Leuchtturm mit der Gaststätte `Am Pier´ befunden haben. Noch ist
klargestellt, ob es sich überhaupt um ein Gräberfeld handelt.
Für den Friedhof spricht der Beruf des Zeichners als Pastor, der von berufs-
wegen ein `Auge´ für Friedhöfe gehabt haben dürfte.
Tatsächlich muss es einen Friedhof gegeben haben, denn die Chronik er-
wähnt einen `Friedhof der Namenlosen´, also aufgefundener Wasserleichen,
zumeißt Seeleute, die an die Küste getrieben wurden, der 1739 in einer
Sturmflut am genannten Ort so freigespült worden ist, dass Gräber aufgedeckt
waren. Sie wurden 1743 mit dem Schlick einer Hafenausbaggerung bedeckt.
Es muss jedoch gesagt werden, dass diese Ortsbestimmung Hypothese
bleibt, da nicht letztlich geklärt ist, ob das Gräberfeld auf der Karte identisch
ist mit dem Platz der aufgefundenen Gräber. Zur Zeit der Landvermessung
durch Hesselio hatte die Elbe auch noch nicht ihr endültiges Bett erreicht. Überdies muss sie Jahre vor der
Herausgabe geschehen sein, da hier noch verzeichnete Gehörte des Neuen Feldes zur Zeit der Herausgabe
bereits der Elbe zum Opfer gefallen waren.
Im Jahre 1564 werden anlässlich einer Schlossinventur zur Übergabe des Schlosses an den neuen Vogt
Baltzer Meinsen Gegenstände der St. Nicolai-Schlosskapelle aufgeführt mit dem zusätzlichen Vermerk, dass
sie zur Außendeichskapelle gehören. Gemeint ist also eine Filialkapelle der Ritzebütteler Schlosskapelle.
Dabei kann es sich aber nicht um die Döser `Kapelle buten den Diek´ handeln, da diese der Altenwalder Kir-
che untersteht. Womit gleich wieder die nächste Frage aufgeworfen ist. Möglicherweise mag zu dem ge-
nannten Gräberfeld auch eine Kapelle gehört haben, was Sinn macht. Andererseits gehörte dieser westlich
des Schleusenprieles gelegene Platz ebenfalls zum Kirchspiel Altenwalde, später dann zu Döse. Somit
könnten die genannten Gerätschaften eventuell auch zu einer ehemaligen Kapelle im Gebiet des Neuen
Feldes gehört haben.
Unklar ist ebenfalls die Bezeichnung. Möglicherweise mag es Beingräber bedeuten, was vermutlich einen
Platz für aufgefundene namenlose Wasserleichen bezeichnet, und somit durch den oben genannten Fried-
hof der Namenlosen bestätigt wird. Gleichzeitig soll er aber auch Quarantäneopfer aufgenommen haben.
Damit mag er ein Vorläufer des nächstgenannten `Paul-Ahrens-Kirchhofs´ gewesen sein.
Ahrensberg
Der Ahrensberg war eine Wachtstation an der Einfahrt in den Quarantänehafen.
Die Ein-/Ausfahrt des ehemaligen Quarantänehafens wurde vom Ton-
nenleger, Hafenmeister und Quarantänewächter Paul Ahrens bewacht.
Dieser hatte seinen Posten auf dem sogenannten `Ahrensberg´, einer
Wurt mit Wärterhaus und drei Kanonen, der Quarantänebatterie, heute
im Alten Hafen nahe des Liegeplatzes der Wulfschlepper gelegen.
Seine primäre Aufgabe war das Verhindern von Ausbruchsversuchen
unter Quarantäne gestellter Schiffe und deren Mannschaften, bzw.
Passagieren. Hierzu war er autorisiert, notfalls von den Kanonen
Gebrauch zu machen.
Direkt daran angegliedert war ab 1839 der ebenfalls nach ihm genannte `Paul Ahrens-Kirchhof´ für aus der
Elbe geborgene oder angeschwemmte unbekannte Tote, sowie für Verstorbene der in Quarantäne liegenden
Schiffe.
Desweiteren war ab 1862 auf der Wurt ein Bootsschuppen für das Rettungsboot, später DGzRS,
angesiedelt.
Für Paul Ahrens findet sich im Einwohnerverzeichnis die Adresse `Cuxhaven 45´, was die Westseite des
Schleusenpriels betrifft.
Das Sterberegister der Grodener St. Abundus-Kirche weist für die Jahre 1839 - 1859 über 100 Tote,
Seeleute, wie Touristen, aus, verschieden infolge von Infektionskrankheiten.
Während der Friedhof bereits 1858 wegen Vollbelegung geschlossen werden muss, fallen Batterie, Warft
und Friedhof im Jahre 1868 der Erweiterung des Alten Hafens zum Opfer.
Quarantänefriedhof Ostseite
Ersatzweise für den stillgelegten Paul Ahrens-Kirchhof weist der Amt-
mann Kirchenpauer im Jahre dessen Stillegung einen Ausweichplatz
in der Nähe an. Er befindet sich hinter dem zu der Zeit bereits über
einhundertjährigen Haus Ostseite 5, dem ersten Haus der Ostseite.
Dass dort Seuchenopfer und verunglückte Seeleute ihre letzte Ruhe
fanden, ist durch erhaltene Krankenkarten belegt.
Von 1852 - 1860 bewohnte der Gastwirt und Barbier Johann Jürgen
Heinrich Thode das Haus Ostseite 5. Da sich von Alters her Barbiere
häufig gleichzeitig auch um kleinere
medizinische Belange kümmerten, wurden zu ihm totkranke Seuchenopfer
gebracht.
1908 wurde der Friedhof mit dem ersten Cuxhavener Eiswerk überbaut,
während das Haus bereits zuvor nicht mehr existent war. Stillgelegt wurde
er vermutlich bereits nach 1884, da zu der Zeit die neuerbaute
Quarantäneanstalt am Grodener Seedeich ihre Arbeit aufnahm. Seine Lage
war wenige Meter östlich der heutigen Gastwirtschaft `Zum Kuttereck´.
Quarantänefriedhof Grodener Schanze
1884 wird am Grodener Seedeich eine neue Quarantäneanstalt einge-
richtet. Im Jahre 1901 wird dazu für Verstorbene auf dem Areal der
ehemaligen Grodener Schanze im Neuen Feld in direkter Nachbar-
schaft zum Neufelder Leuchtturm ein Friedhof eingerichtet. 1903 ver-
merkt die Zeitung, dort einige Begräbnisse.
Es ist nicht bekannt, wie lange der Platz bestanden hat. Vermutlich
wird er um 1918 geschlossen worden sein, da zu der Zeit die Quaran-
täneanstalt ihre Arbeit einstellte.
Arenscher Seemannsgrab
Im Gebiet des ehemaligen Heidedorfes und heute zu Cuxhaven gehörenden Arensch befinden sich zwei
Gräber. Es sind die Überbleibsel eines ehemaligen kleinen Friedhofes der Heimatlosen.
Am 8. Mai 1864 wird eine Leiche aufgefunden und dort von Dorfbe-
wohnern beerdigt. Ihm wird ein einfacher Findlingsstein gesetzt und
das Grab, praktisch für die Ewigkeit, ringsum mit kopfüber in den Bo-
den gesteckten Flaschen umrahmt. Laut einer privaten Chronik örtli-
cher Beteiligter bekommt der Stein die Inschrift: “Suchet ihr mich, oben,
oben bin ich”. Dagegen findet sich heute die Inschrift: “Suchet ihr mich,
oben bin ich im Himmel”.
Eigentlich bekannt wird die Grabstelle durch mehrfache Erwähnung in
dem Buch `Als Mariner im Krieg´ des Schriftstellers Joachim Ringel-
natz, der gegen Ende des ersten Weltkrieges zwei Luftabwehrstellun-
gen in Sahlenburg befehligte.
Bilder
Abspann
Dank an:
- Hermann Borrmann: Alt Cuxhaven - Stadtteil zwischen Delft und Deich, Verlagsgesellschaft mbH & Co,
Cuxhavener Nachrichten, Cuxhaven, ISBN 3-920-709-24-1
- Peter Bussler: Cuxhaven-Kurier
- cuxpedia
- Karl B. Kühne: Cuxhaven - Der lange Weg zum Universalhafen, dito., ISBN 3-920 709-33-0
- Landesbibliotek Hamburg
Erstveröffentlicht, teilweise: cuxpedia