Coca Cola in Cuxhaven
Zu Beginn der 1950er Jahre trifft der Cuxhavener Werft-Industrielle Franz Mützelfeldt während eines Fluges
in die USA zufällig auf einen Manager der Coca Cola-Zentrale in Atlanta/Georgia/USA. Hierauf kommt es zu
ersten Gesprächen über die Einrichtung einer Abfüllanlage für Coca Cola und Sinalco in Cuxhaven durch
Mützelfeldt. Ein folgender Besuch in der Coca Cola-Firmenzentrale in Atlanta erbringt im die Abfülllizenz.
So unterstützt durch eine Besatzermacht kann Mützelfeldt bereits 1950
für seine Norddeutsche Erfrischungsgetränke G.m.b.H. ein erst nach
1937 erstelltes Gebäude kaufen. Es handelt sich um das sogenannte
Friedenspulvermagazin neben dem Gelände der ehemaligen Mörser-
batterie, wie der Gesamtkomplex auch
häufig fälschlich genannt wird. Es befindet
sich unter der Adresse `Döser Seedeich
44´ leicht unterhalb des Kurparkes direkt
hinter dem Deich auf einem Areal am Ran-
de der Moorwiesen. Diese einzige Zufahrt
über den Deichverteidigungsweg stellt sich
allerdings in schneereichen Wintern schon mal als recht nachteilig heraus, wenn
LKW im Schnee stecken blieben.
Mit den Wegfall der Zuckerbewirtschaftung am 1. Mai 1950 kann im Herbst 1952
bereits ohne Rohstoffprobleme in der Halle des Hauptgebäudes die Produktion
aufgenommen worden sein.
Obschon Coca Cola seit 1929 in Deutsch-
land produziert und es bereits zehn Jahre
später zu Kriegsbeginn 50 Abfüllereien in Deutschland gibt, ist Coca
Cola nach dem Krieg durchaus noch nicht `der´ Name für Erfrischungs-
getränke wie heute, auch wenn es in der Marken-Bekanntheitsskala
bereits auf dem 18. Platz liegt. Nicht zuletzt dadurch bedingt, dass die
Produktion nach Kriegsbeginn durch Rohstoffmangel, Zerstörung von
Produktionsstätten, sowie den Abzug von Mitarbeitern völlig zum
Erliegen kommt. So kommt es zum Beispiel in Cuxhaven dazu, dass
der sowohl Coca Cola-, als auch Werftchef Mützelfeldt seinen Werftmit-
arbeitern jeweils eine Mark gibt, mit dem Auftrag in Gaststätten zu ge-
hen und explizit nach Coca Cola zu verlangen. Im Gegenzug wird berichtet, dass seine Werftarbeiter wöch-
endlich zwei Flaschen Cola umsonst bekamen.
Handycap des Cuxhavener Betriebes ist von Anbeginn das Liefergebiet. Es
erstreckt sich als Schlauch bis rauf nach Göttingen bei einer Breitenaus-
dehnung bis hinter Buxtehude, sowie um Bremen herum. Eine Strecke,
Luftlinie, von über 400 Kilometern. Geht man davon aus, dass Lastwagen
der Nachkriegszeit nicht die Geschwindigkeiten entwickelten wie heutige,
dass weiterhin die Autobahn in Richtung Süden erst in Bremen begann und
somit bis dahin über Landstraße und durch Bremerhaven gefahren werden
musste, dann ist es leicht vorstellbar, dass hier unendliche Ressorcen nur
durch die Anfahrzeiten verloren gingen; dazu die Treibstoffkosten der Fahr-
zeuge. Selbstverständlich musste bei den weiten Liefertouren auch noch auswärts übernachtet werden, was
wiederum das Firmenbüdget belastet. Es kann ja nicht davon ausgegangen werden, dass Gastwirtschaften
oder Geschäfte soundsoviele Kisten in Vorrat nahmen von einem relativ neuen Getränk, was bei weitem
noch nicht den Bekanntheitsgrad und Umsatz heutiger Tage erreichte, sodas auch die LKW-Ladung nicht an
einem Tag ausgeliefert war.
Ein Versuch, dem zu begegnen, war die Einrichtung eines Zwischenlagers in Zeven. Doch auch wenn die-
ses den Auslieferungstouren zugute kommt, so bleibt die Gesamtstrecke von 400 Kilometern, die nun teil-
weise durch die Lageranlieferung bestritten wird.
So kauft Mützelfeldt folgerichtig im Februar 1967 für den Betrag von
673.000 DM auf Teilzahlung eine 1963 erstellte Werkhalle an der We-
sermünder Straße in Bremervörde, erbaut von der Firma D. Schröder
KG in Bremervörde und bis dahin als Lagerhalle, Werkstatt und Büro
genutzt. Es ist nicht geklärt, wann danach die Produktion von Cuxha-
ven nach dort verlegt wurde. Jedoch gibt es das Foto einer Feierlich-
keit unter Teilnahme des Box-Weltmeisters und Hamburger Coca Cola-
Teilhabers Max Schmeling aus dem Jahre 1969. Vermutlich entstand
es anlässlich der Produktionseröffnung in Bremervörde, da es zu kei-
nem Jubiläum passt. Damit endet die Produktion in Cuxhaven.
`Innenpolitisch´ kommt es im Laufe der Zeit zu verschiedenen Aktionen. So
wird die Norddeutsche Erfrischungsgetränke G.m.b.H. später geteilt in
N.E.G. G.m.b.H und N.E.G. G.m.b.H & Co. Weiterhin kommt es zu einer
Übernahme des Getränkegroßhändlers Gustav Haase, am Strichweg 104,
sowie des Getränkeabfüllters Günther Peters, ebenda. Und schließlich im
Juni 1970 kommt es zu einer geschäftlichen Fusion der vier Mützelfeldt-
schen Getränkeunternehmungen zur Norddeutsche Erfrischungsgetränke
KG. mit Sitz in Bremervörde. Der Getränkegroßhandel wird später wiede-
rum von der Firma Trinks übernommen.
Da sich letztendlich auch durch den
Wechsel des Firmensitzes an der
Gebietsspreizung nichts geändert
hatte, versucht Mützelfeldt im Herbst
1970 den genannten Schröder ge-
schäftlich mit ins Boot zu holen. An-
geboten wird eine 2/3-Teilhaberschaft,
die dieser jedoch im November ablehnt. So kommt es im Sommer
1971 zu Übernahmeverhandlungen mit der Berliner Coca Cola-Vertre-
tung Friedrichstraße, die den Betrieb komplett übernimmt, womit die
Aera Mützelfeldt bei Coca Cola endet.
Nicht so die Bremervörder Produktion. Erst nach einer weiteren Betriebsübernahme durch Dieter Marxen,
den Geschäftsführer der Bremer Erfrischungsgetränke GmbH in der Hemelinger Bahnhofstrasse endet die
Produktion in Bremervörde endgültig. Nicht geklärt ist das Datum der Produktionsschließung, jedoch gibt es
eine Aussage des jetzigen Nutzers der Gebäude, dass bereits Jahre vor 1992 die Hallen nur noch als
Verteillager und Anlaufpunkt für den Außendienst genutzt wurden.
Nachfolger in den Räumlichkeiten wird 1992 der Bremervörder Garten- und Landschaftsbaubetrieb GaLa-
Bau Lorenz Jacobs GmbH. Von 1993 bis zum Kauf am 17. Dezember 1999 wiederum ging die Nutzung der
Baulichkeit abschnittsweise an die Lebenshilfe Bremervörde/Zeven e.V. über.
Nachschlag
Tragisch wirkte sich die Sturmflut vom 16. auf den 17. Februar 1962 aus,
bei der die gesamten auf der Werft gelagerten Unterlagen des Cola-Wer-
kes vernichtet wurden, womit diese Flut einen großen Teil der Geschichte
des Werkes unwiederbringlich vernichtet hatte, sodass jetzt bestenfalls
noch Eckdaten aus der Gründungszeit greifbar sind.
Meine persönliche erste Erinnerung an Coca Cola aus der Mitte der 1950er
Jahre ist ein VW-Bulli mit Colakisten im Wernerwald, eventuell anlässlich
eines damals jährlichen Waldgottesdienstes. Davor eine halb hölzerne
Kühlbox, vermutlich mit Brucheis, aus der die kleinen 0,25 Liter-Flaschen
verkauft wurden.
Abspann
Eine besondere Bitte an den geneigten Leser: Leider ist es mir
nicht gelungen, ein Foto der Betriebsanlage aufzutreiben, so-
dass ich auf ein Bild zurückgreifen musste, für das ich keine
Erlaubnis habe. Ich möchte darum dringend bitten, wer mir ein
adäquates Bild des Betriebes zur Verfügung stellen kann, hilft
mir das verwendete Bild wieder zu entfernen.
Dank an:
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Antik-Shop, Cuxhaven
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Justin Busch, Bremervörde
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Cuxoriginal, Cuxhaven
•
Fred Kahrs, Bremervörde
•
Frau Karlson, Cuxhaven
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Pieter Mützelfeldt, Hamburg
•
Dietrich Neubauer, Bremervörde
•
Dr.-Ing. Michael Schröder, Bremervörde