Amüsantes - Besonderes - Cuxhaven
Auf dieser Seite finden sich ein paar Einträge, die zu klein als Thema aber gut zu wissen, amüsant oder ein-
fach nur besonders sind.
Ritzebütteler Vielfalt
Auf der Startseite haben Sie gelesen, dass der Hauptort des heutigen Cuxhaven über Jahrhunderte die Ge-
meinde Ritzebüttel war. Wer da bis heute dachte, Ritzebüttel sei seines exklusiven Namens wegen einmalig,
der wird hier herbe enttäuscht werden. Tatsächlich gibt es zwei weitere Ritzebüttel:
Zum einen in Thienbüttel, früher ein eigenständiges Dorf, heute ein Ortsteil
von Nortorf in Schleswig-Holstein. Es handelt sich um einen `Gasthof Ritze-
büttel´ mit angeschlossenem Campingplatz gleichen Namens. Beides hervor-
gegangen aus einen Gehöft.
Weiterhin gibt es eine Flurbezeichnung Ritzebüttel in der Gemeinde Winsen
(Luhe)-Rottorf im Kreis Harburg mit den Koordinaten 53°20'30.4058''N
10°18'21.73''E
Cuxhavener Globalität
Doch jetzt denkt der Patriot: Wenigstens Cuxhaven ist nun wirklich weltweit einmalig. Wieder daneben.
Im Südafrikanischen Nord-West-Terretorium, im Distrikt Ngaka Modiri
Molema gibt es zur Gemeinde Ratlou gehörig, nördlich des Ortes
Setlagole eine Rinderfarm mit dem Namen Cuxhaven. Sie liegt knapp
1.200 Meter über dem Meeresspiegel nahe der Grenze zu Botswana
und hat die Kordinaten 25°57'0.1008''S 24°58'0.2237''E
Cuxhavener Wahrheiten
Die Unterhaltung
Hierzu schreibt der Musiker Franz Liszt 1841 von Kopenhagen über Hamburg nach Deutschland zurück
kehrend. Über die Rückfahrt berichtete er in einem Brief an L. Kreutzer:
“Ein Sturm wirft mich nach Cuxhaven. Vielleicht bemerkten Sie auf geographischen Detailkarten einen
schwarzen Punkt, der diesen Namen trägt; begreifen Sie aber auch dabei, was es heißt während zwölf
ganzer Stunden hier festgehalten zu sein? So etwas ist, um wild oder toll zu werden! Dort habe ich gelernt
das Opfer der Iphigenia zu verstehen.
Am Tage geht es noch. Man erledigt vernachlässigte Korrespondenzen, erinnert sich an Menschen, an die
man während dreier Jahre nicht geschrieben, man macht seinen Freunden glauben, man bessere sich und
sei im Begriff, ein regelrechter Briefschreiber zu werden. Aber des Abends! Abends in Cuxhaven!
Glücklicherweise gibt es eine Vorsehung, welche die Unglücklichen nie ganz verläßt. Wir hörten zufällig, daß
eine Komödiantentruppe von dem unseligsten der Sterne dahin verschlagen und nicht aus Mangel an gutem
Willen, aber aus Mangel an Zuschauern sich mit Nichtsthun beschäftige. Sofort veranstalteten wir eine
Subskription. Alle Passagiere des `Beurs´ zeichneten, mehrere Einwohner, verführt vom schlechten Beispiel,
gestatteten sich diese thörichte Depense. Man fegt die Dielen, das Orchester nimmt Platz, den Musikanten
spendet man Wein, die Bässe brummen im besten Humor, die Altos söhnen sich mit dem Leben aus, die
große Trommel erhebt sich zu ungewohnter Energie. Die Lichter werden angesteckt, wir zünden unsere
Cigarren an. Einige junge Frauen, von der Neugierde gelockt und von der Konvenienz - dieser Mutter aller
Langeweile - zurückgehalten, kommen, gehen, kommen wieder, um endlich, nachdem sie sich in einer
Anzahl, die ihnen gegenseitig eine genügende Sicherheit zu verbürgen schien, zusammen gefunden hatten,
zu bleiben.
Das Stück beginnt; es ist: `Der Vater der Debütantin.´ Vernet fehlt, aber die Schauspieler sind zufrieden und
lachen: weil sie lachen, lacht das Publikum. Jeder sieht seinen Nachbarn an, als wollte er sagen: "Ist es nicht
närrisch, daß wir hier sind?"
Der Vaudeville ist zu Ende - niemand geht. Wohin könnte man auch in Cuxhaven um halb neun Uhr Abends
hingehen? Aber das Orchester kennt Walzer von Strauß. Ausgezeichnete Idee! -: man tanze!
"Tanzen! Wie? in einem öffentlichen Theater? mit Fremden, Unbekannten?"
"Warum nicht, meine Damen? Ich bin Ungar, heiße Franz Liszt, spiele passabel Klavier, bin nicht weniger gut
erzogen als ein Anderer, und verbürge mich für meine Gefährten und für mich selbst, was soviel sagt, wie -
fast nichts."
Auf diese Rede war nichts zu erwidern. Sogleich machte das Orchester Leben; der Rhythmus wirkte mehr
und mehr, er reißt die Widerstrebenden mit sich fort und erschüttert die festesten Grundsätze. Und bald - oh
großer Strauß! - senken alle hübschen Cuxhavenerinnen ihre blonden Köpfe gegen die Schulter der Schiff-
brüchigen und überlassen deren nervigten Armen ihre schlanken Taillen. Noch eine Stunde, nur eine Stunde!
und alle unsere `Don Juan´ hatten ihre »Haidee« gefunden! Warum legte der Sturm sich so schnell? Warum
wehte kein Nordwind mehr?”
Das Quartierwesen
In der Sammlung `Reise durch Deutschland, Dänemark, Schweden, Norwegen und einen Theil von Italien in
den Jahren 1797, 1798, 1799´ vermerkt der Reisende Carl Gottlob Küttner das Zimmerangebot in Cuxhaven
(bezogen auf Ritzebüttel) so: "... und die Zahl der Wirthshäuser hat merklich zugenommen. Gleichwohl
reichen die leztern bey weitem nicht zu, sobald ein, widriger Wind die Paketboote eine Zeitlang zurückhält.
Jeder Posttag, derer wöchendtlich zwey sind, vermehrt dann die Zahl der Fremden, und die mehresten
Einwohner, die ein paar Zimmer entbehren können, vermiethen sie. In der That machen sie solche Preise,
dass es wohl der Mühe wert ist."
Das leibliche Wohl
Dazu 1855 der Maler und Schriftsteller Carl Reinhard: " ... führt der Weg nach der Stadt, Flecken oder Dorf
(Gott weiß was es ist) Cuxhaven, welches eigentlich blos aus einer Reihe Häuser besteht, von denen immer
das dritte ein Wirtshaus ist."
Die Wegbarkeit
1818 vermerkt der Hamburgische Amtmann A.A. Abendroth in seinem Buch `Ritzebüttel und das Seebad zu
Cuxhaven´: "Wo guter Boden ist, findet man gewöhnlich schlechte Wege, allein wir haben auch auf schlech-
tem Boden keine gute Wege."
1855 schreibt dazu der oben erwähnte Carl Reinhard: "Es ist ein kleiner Flecken mit einem Pflaster, dem ein
frisch geackertes Feld unendlich vorzuziehen ist."
Und falls nun einer milde lächelt und denkt: Naja früher, . . . hier eine Bemerkung aus der `Kriegskronik der
Batterie Schantung-Pollux-Neufeld´, Groden vom September 1939: “In brütender Hitze zogen wir in Cuxha-
ven ein, des Quartiers, wo wir unsere von der langen Bahnfahrt müden Knochen würden ausruhen können,
noch ungewiß. Nach einem Fußmarsch über wenig freundliches Pflaster landeten wir schließlich in der fabel-
haft modern eingerichteten höheren Mädchenschule,. . .”
Der deutsche Ballermann
Der oben genannte Reisende von 1799: “Die ganze Truppe, die Hamburg hier hält, besteht aus zwey und
vierzig Mann. Ich frage, wozu man so viele brauche?” - "Ey! wir müssen ja die Polizey hier erhalten, beson-
ders wegen der Engländer, die, wenn sie landen, einen Lärm und einen Spektakel in der ganzen Stadt
machen, daß wir oft glauben, sie seinen alle toll geworden" -
Der Gesundbrunnen
Aus einer Beschreibung Cuxhavens aus dem Jahre 1799 erfahren wir: "Das Klima ist keinesweges so
ungesund, als man gewöhnlich in Hamburg glaubt. Die dortigen Einwohner sterben nicht früher als andre
Marschbewohner. Ankömmlinge kränkeln im Anfange, gewöhnen sich aber bald an die Seeluft."
Amtmann Abendroth führt das 1818 in seinem o.a. Buch etwas näher aus: “Wie man jetzt von dem gelben
Fieber in Westindien spricht, so sprach man früher von den hiesigen kalten äusserst hartnäckigen Fiebern,
die jeder Ankömmling erst dulden musste; jetzt hört man nur selten von Fiebern. Wenn in den benachbarten
Ländern sich epidemische Krankheiten zeigen, so kommen sie fast nie hierher, wie der würdige Physicus
Neumeister beobachtet hat.”
In der Tat ging auch die letzte große Choleraepidemie von 1892, die besonders Hamburg traf, weitgehen an
Cuxhaven vorbei. Bei nur 10 Erkrankungen gab es 9 Todesfälle zu beklagen. Konsequenz dessen war aber
für Cuxhaven der Aufbau einer großen Quarantäneanstalt am Grodener Deich, die letztlich nie wirklich zum
Einsatz kam, sowie die Schaffung eines Leitungsnetzes für die städtische Trinkwasserversorgung.
Die Hygiene
Mit der zentralen Trinkwasserversorgung erledigte sich aber auch gleichzeitig eine
zweite Art der Trinkgewässerverunreinigung. Wurde zuvor, von etlichen über das
`Stadtgebiet´ verstreuten Brunnen einmal abgesehen, Brauch-, wie in trockenen Zei-
ten auch Trinkwasser, aus den diversen Wettern und Gräben entnommen, so fiel
auch das nun weg. Für die Entnahme waren extra Stellen angelegt, an denen man
über eine Treppe die Grabenkante zum Wasser hinabsteigen konnte. Eine befand
sich an der Altenwalder Wettern beim Kaemmererplatz. An der Döser Wettern führte
das dazu, dass Klage darüber geführt wurde, dass sich immer wieder an eben solch
einer Stelle massenhaft Enten einfanden, das Gewässer verunreinigten, sodass die-
se Entnahmestelle praktisch unbrauchbar war und das Wasser von einer weiter ent-
fernten Stelle gewonnen werden musste.
Das Bild betrifft zwar weder die Örtlichkeit, noch das Dilemma, aber es zeigt an,
dass es anderenorts noch weitaus größere Hygiene-Probleme gab.
Die Wohlfahrt
Wie gut es die Cuxhavener wirklich hatten war ihnen wahrscheinlich nie richtig bewusst, sie mussten es
erst erfahren:
So lesen wir in Heinrich Heines `Aus den Memoiren des Herren von Schnabelewopski´ von 1831: "Den
zweiten Tag gelangten wir nach Cuxhaven, welches eine hamburgische Kolonie ist. Die Einwohner sind
Untertanen der Republik und haben es sehr gut. Wenn sie im Winter frieren, werden ihnen aus Hamburg
wollene Decken geschickt, und in allzu heißen Sommertagen schickt man ihnen Limonade."
Die Friedfertigkeit
Offensichtlich hatten die Engländer im Jahre 1855 andere Ziele auserkoren, sodass Cuxhaven zwischen-
zeitlich weitgehend entmilitarisiert werden und Carl Reinhard schreiben konnte: "... so macht man am Ein-
gang nach dem Schloss eine Entdeckung, die man nicht erwartet hätte, denn hier findet man die alten 1830
spurlos verschwundenen Leipziger Stadtsoldaten, wunderbar gut erhalten und ohne jegliche Veränderung,
wieder. Als ich am Eingang des Schlossgartens jene Gestalt erblickte, die nächst einer sehr unmilitärischen
Eigenthümlichkeit, die man im gemeinen Leben Buckel nennt, eine alte rostige Flinte trug, die jedoch wun-
derbarer Weise wirklich ein Schloss hatte und deren Uniform von einigen freundlichen Stecknadeln zusam-
mengehalten wurde, da tauchten die glücklichen Tage meiner Jugend in sonnigen Bildern aus dem verflos-
senen Zeitstrom auf. Ich hätte den alten Krieger umarmen mögen für die Erinnerung an jene schöne alte
Zeit."
Seit seiner Okkupation durch Hamburg wurde das Hamburgische Amt Ritzebüttel von einem Hamburger
Amtmann regiert. Zumeißt ein auf sechs Jahre gewählter hamburgischer Senator, ausgestattet mit großer
Machtfülle. Hierzu schreibt Reinhard weiter: "Da dies aber die Würde des Dienstes nicht erlaubte, unterhielt
ich mich blos mit ihm, wobei er jedoch das Unglück hatte, den Amtmann, der hier zugleich Generalfeld-
marschall ist, zu übersehen und das schuldige Honneur nicht zu machen. Er gerith darüber in eine Höllen-
angst. Ich hoffe indeß zur Ehre der Menschlichkeit, daß ihn das Kriegsgericht nicht zum Tode verurtheilt hat."
Etwa um die gleiche Zeit charkterisiert der Geschichtler und Politiker Heinrich von Treitschke das Amtmanns-
amt in seinem Buch `Deutsche Geschichte im 19. Jahrhundert´ wie folgt: "In ganz Deutschland gab es kei-
nen so unbeschränkten Gewalthaber wie jenen Senator, der als Proconsul in dem schönen alten Schlosse
zu Ritzebüttel hauste und die Elbmündung durch eine Batterie unbrauchbarer Kanonen bewachte."
Die Gebräuche
Im Amte Ritzebüttel schleppen die Konfirmanden am Abend des Ostertages, nachdem die Ostereier verzehrt
sind, alle zerbrochenen Gefäße auf einem geeigneten Platze zusammen und schlagen sie mit Knüppeln kurz
und klein, während ein Knabe durch Peitschenhiebe um die Beine die andern von ihrem Zerstörungswerke
abzuhalten sucht. Wenn alle Töpfe zerschlagen sind, gehts zum Osterfeuer. In Wirklichkeit bezweckt das
Scherbenmachen wie das Peitschenschlagen eine Austreibung der bösen Wintermächte.
Die Menthalität
“Die mehrsten Einwohner von Cuxhaven sind Lootsen und Fischer, bei diesen letzteren findet sich wenig
Erwerbfleiß; ihre Weiber spinnen kein Garn, stricken keine Netze und machen die kleinen Taue nicht, so wie
andere Elb-Fischer.”
Die Torgewalt
Jeder weiß um die Fußballpräsenz Cuxhavens. Und sie ist nicht von ungefähr:
1910, Gründungsjahr des FC St. Pauli. Der Verein verliert in dem Jahr sein erstes Auslandsspiel gegen
Barcelona.
Das erste innerdeutsche Auswärtsspiel findet im gleichen Jahr statt. Die Reise führt an die Elbmündung
nach Cuxhaven. St. Pauli spielt vor 500 Zuschauern gegen eine Mannschaft der hiesigen Matrosen-Artille-
rie-Abteilung. Und wer hätte es diesesmal anders erwartet? Eindeutiger Sieger dieses Kasernenhofduells
mit 5:0 Toren war ... Cuxhaven.
Ist aber nicht schlimm. Von den 28 Spielen des Jahres endeten für den FC 6 mit einem Sieg und 20 durch
Niederlage.
Die Weltläufigkeit
Das es ein grober Verlust wäre, Cuxhaven zu übersehen, muss nicht groß
erwähnt werden. Immerhin gehört ein Teil Cuxhavens entlang seiner Watten-
meerküste zum Weltnaturerbe und steht damit im Rang neben dem Grand
Canyon oder dem Great Barrier Reef.
Ein weiterer Punkt ist die Besonderheit seiner Lage.
Eine Weltkarte, ein Globus kann noch so klein sein,
Cuxhaven ist immer eindeutig zu finden. Die freund-
liche Dame auf der Startseite oben hat das ganz
klar erkannt. Es liegt genau in der Spitze des rech-
ten Winkels, bestehend aus Ost- und Westfriesland,
sowie Nordfriesland mit Dänemark.
Ja, und dann war da noch der dritte und letzte
Punkt. Jeder Leser hier hatte schon einmal ein
Micky Maus-Heft in der Hand. Und jeder ernsthafte
Micky Maus-Fan hat sich schon die Frage gestellt,
wo mag denn wohl Entenhausen liegen? Wir wissen
es nicht; was Wunder bei der Hand voll Einwohner-
schaft. Andersrum sieht es ganz anders aus. Niedersachsen, Cuxhaven, Helgo-
land tauchen dort wie selbstverständlich auf, wenn auch stark verschlüsselt.
Abspann
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