Inhalt Höch - Die Sturmflut vom 3./4. Februar 1825 im hamburgischen Staatsgebiet  Zeitungsartikel - Ritzebüttel, den 4. Februar 1825  Nachträge  _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ Die Sturmflut vom 3./4. Februar 1825 im hamburgischen Staatsgebiet von Otto Höch .... In dem rd. 11 km langen Deich des Landes Hadeln zählte man 14 Grundbrüche (davon einen in Breite von  152 m), 18 Deichbrüche, 10 Kappbrüche und viele leichtere Beschädigungen in einer Gesamtlänge von  1.540 m, und zwar lagen fast alle westlich von der Otterndorfer Schleuse in einer Deichstrecke von kaum 7  km. Zwei dieser Grundbrüche von 49 und 66 m Breite lagen unmittelbar an der Grenze des hamburgischen  Amtes Ritzebüttel und waren die Hauptursache, daß hier das gesamte hannoversche Marschland restlos,  Ritzebüttel und Cuxhaven fast ganz überflutet wurden.  In dem an der Grenze des Amtes Ritzebüttel beginnenden hamburgischen Neufeld wies der Hauptdeich,  der Neufelder Seedeich, 21 Ausspülungen von zusammen 340 m Breite, der östliche (Grodener) Obdeich  neben sonstigen Beschädigungen 8 Ausspülungen in einer Gesamtlänge von 320 m, darunter einen  Grundbruch von mehr als 40 m Breite auf. Zur Ausfüllung der ausgespülten Löcher waren nach Woltmans  Feststellungen rd. 6.100 cbm Kleierde erforderlich. Durch das von zwei Seiten einströmende Wasser wurde  das Neufeld selbst so hoch angefüllt, daß auch der hinterliegende, größtenteils dem Lande Hadeln gehörige  alte Seebandsdeich, der als Schlafdeich nicht mehr die volle Höhe besaß, überflutet wurde und einen  Grundbruch von 43 m Breite mit einem 7 m tiefen Brack erlitt. Hauptsächlich von dieser Seite aus wurden  neben dem Zufluß vom Lande Hadeln her Ritzebüttel und Cuxhaven unter Wasser gesetzt. Das in der Nähe  liegende Armenhaus blieb, wenngleich stark beschädigt, erhalten. Das Haus des Reepschlägers Mangels  wurde durch ein treibendes Holzfloß halb fortgerissen, wobei die Frau und 3 Kinder ihren Tod fanden.  Mangels selbst trieb mit 2 Knaben aus dem Armenhaus mit dem Floß ab und kam erst nach dreistündigem  Umhertreiben an einer entfernten Stelle in Groden an Land.   In Cuxhaven entstanden im östlichen Hafendeich ein Durchbruch in der Breite von 170 m, wovon nur 3  Deichstummel von 3, 6 und 17 m stehen blieben, 5 Ausspülungen an der Binnenseite des Kammes und  mehrere bis 7 m tiefe Bracke, im westlichen Hafendeich zwei Brüche von 26 und 52 m Breite, sowie 8  Ausspülungen ebenfalls an der Binnenseite des Kammes. Bei der Ritzebütteler Schleuse, die selbst kei-  nen erheblichen Schaden nahm, wurde der Deich durch Überströmung stark beschädigt und tiefe Löcher in  die Straße geschlagen. Durch die neben der Kalkbrennerei befindliche Bruchstelle des östlichen Hafen-  deichs trieb ein Schiff gegen ein neben der Kalkbrennerei stehendes Packhaus und nahm es mit den auf-  gestapelten Waren fort. Schiffe, die sich zur Ausbesserung im Hafen befanden, wurden umgekehrt, andere  auf Strand gesetzt oder ganz abgerissen. Bauholz, Schiffstrümmer, Berge von Stroh, Hausgerät, totes Vieh  sah man in furchtbarem Gewühl durcheinander.   Das erst 1816 von Senator Abendroth an der Stelle des späteren Seepa-  villons gegründete Seebad war übel zugerichtet. Das eigentliche Bade-  haus, dessen Grundmauern weggespült waren, stand nur noch auf den  Tragpfählen, die im Westen befindlichen Abteilungen, als Waschhaus,  Schwefelbad, Torfschauer, der große Wasserbehälter waren weggetrie-  ben und zerschlagen, sämtliche Badewannen nebst den kupfernen Röh-  ren, durch die das kalte und warme Wasser nach den Bädern geleitet  wurde, fortgerissen, der Obelisk mit dem Tropfbad gehoben und wegge-  trieben. Erfreulicherweise stellte sich später der Schaden nicht so groß  heraus, als es anfänglich geschienen, so daß die Direktion schon im März bekanntgeben konnte, der Be-  trieb werde zur gewöhnlichen Zeit wieder eröffnet.   Neben dem Leuchtturm war die Erde weggespült und das Fundament 1 m tief sichtbar. Dieses Mauerwerk  war früher gegen Wellenschlag und Durchfeuchtung gesichert gewesen durch eine Abdeckung von Blei, die  aber 1813 von den Franzosen abgerissen und geraubt worden war. Es war nach Beseitigung dieser Schutz-  decke mürbe und bröcklich geworden und mußte erneuert werden. Die zunächst gehegte Vermutung, daß  eine geringe Neigung des Turmes gegen die Lotrechte auch der Sturmflut zuzuschreiben sei, erwies sich als  nicht zutreffend.   Wohl noch schwerer als die Neufelder- und die Hafendeiche waren die Deiche zwischen Cuxhaven und  Duhnen betroffen, der Döser und der Steinmarner Deich, wenngleich bei ihnen kein Grundbruch zu ver-  zeichnen war. Der erstere war noch wenige Jahre vorher so steil und schwach an der Landseite gewesen,  daß er zum Teil durch seine eigene Last abstürzte. Wäre damals ein Durchbruch des Steinmarner Deichs  erfolgt, so wäre dann auch der Döser Deich von Wellen binnenlands angegriffen und „in wenigen Stunden  unfehlbar nach seiner ganzen Länge total rasiert worden" (Woltman). Er war dann glücklicherweise in den  Jahren 1819 und 1821 in seiner ganzen Länge an der Binnenseite verstärkt und erhöht worden. Der Stein-  marner Deich war bei seiner gegen Nordwesten gerichteten und daher dem Sturmangriff am meisten ausge-  setzten Lage schon mehrere Male einem Durchbruch nahe gewesen und infolgedessen wegen seiner Wich-  tigkeit für das ganze Amt Ritzebüttel und das Land Hadeln gegen Ende des 18. Jahrhunderts zum größten  und stärksten von allen Deichen gemacht worden. Er hatte sich in der Zwischenzeit auch sehr gut gehalten  und die an seinem Fuß 1788 angelegte Steinböschung hatte in der Novemberflut von 1824 zum ersten Male  erheblichen Schaden genommen.   In der Februarflut erhielt der Döser Deich auf seine Länge von rd. 3.300 m nicht weniger als 45 Ausspülun-  gen in einer Länge von 1.080 m meist oben am Kamm nach der Binnenseite zu durch Übersturz der Wellen.  Der Steinmarner Deich bekam 40 Ausspülungen meist in der Außenböschung in der Nähe des Kammes  durch Wellenschlag, und zwar in einer Länge von 1.240 m bei einer Deichlänge von rd. 2.300 m. Außerdem  war die Steinböschung am Fuß des Deiches etwa 4 m breit beschädigt. Von diesen 85 Ausspülungen waren  10—12 derart, daß eine ähnlich hohe Flut am 4. Februar wahrscheinlich hier Deichbrüche herbeigeführt ha-  ben würde (Woltman). Die zu ihrer Ausfüllung benötigte Bodenmenge betrug rd. 19.000 cbm. Weiterhin an  der Küste war bei Arensch noch ein kleiner Grundbruch vorhanden.   Die von der Flut überraschten Bewohner waren großenteils nach der Kirche, dem Schloß, der Wache, ja bis   Altenwalde geflüchtet und hatten hier Obdach und Aufnahme gefunden.   Der Schaden an Privatgebäuden betrug nach amtlicher Schätzung in Cuxhaven 6.035, Arensch 6.340, Rit-  zebüttel 3.609, Neufeld 2.860, Duhnen 14, Berensch 239, zusammen 19.097   .   Neuwerk besitzt einen doppelten Deich, einen äußeren zum Schütze des angebauten Landes, daher auch  Getreidedeich genannt, der nach der Richtung der einzelnen Strecken in den Norder-, Oster-, Süder- und  Westerdeich zerfällt, und einen inneren, der den Leuchtturm, die Viehtränke und einige Wohnhäuser um-  schließt. Nachdem die äußeren Deiche in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts mehr und mehr in Verfall  geraten und zum großen Teil teuere Strohdeiche geworden waren, so daß die Kammer jährlich etwa 1.500  zur Strohbestickung beisteuern mußte, war 1794 infolge der vorangegangenen schweren Fluten vom 22.  März 1791 und 11. Dezember 1792, von denen die erstere nur um 0,36 m, die letztere um 0,50 m hinter der  Februarflut in Cuxhaven zurückgeblieben war, eine bedeutende Veränderung und Verbesserung vorgenom-  men worden, indem eine Strecke von 360 m ganz neu hergestellt, alle Strohdeiche erhöht und verstärkt und  wieder in grüne Deiche verwandelt worden waren. Den weniger schweren Stürmen der Zwischenzeit hatten  sie, obwohl die 1794 erlassene Deichordnung schon wieder in Vergessenheit geraten war, glücklich wider-  standen. Im November 1824 aber erlitt der äußere Deich einen Deichbruch und von der Februarflut wurde  er so übel zugerichtet, daß er nach einer Meldung zum Teil ganz verschwunden, zum Teil in tiefe Kolke ver-  wandelt war, daß nach einer anderen Meldung von der etwas über 4.000 m betragenden Gesamtlänge auf  1.000 -1.150 m teils die Hälfte, teils zwei Dritteile der Masse verschwunden waren. Glücklicherweise stellten  sich auch in diesem Falle die ersten Meldungen als übertrieben und die Verwüstungen nicht ganz so um-  fangreich heraus. Nach Woltmans Feststellungen hatte der Norderdeich 29. der Osterdeich 20, der Süder-  deich 15 und der Westerdeich 11 Ausspülungen erhalten, zu deren Ausfüllung zusammen 6.210 cbm Deich-  erde erforderlich waren. Dagegen war der innere Deich 480 m lang minder oder mehr zerstört; er bean-  spruchte allein eine Bodenmenge von 1.060 cbm. Der hier stehende Leuchtturm war an sich nicht beschä-  digt, aber in der Wurt, auf der er steht, waren 4 Löcher ausgespült. Die wenigen Häuser der Bewohner wa-  ren derart beschädigt, daß nur eins bewohnbar blieb; alle Ringmauern waren eingeschlagen, fast alle Schei-  dewände herausgerissen, Möbel und Hausgerät bis auf weniges verloren, das Vieh bis auf wenige Stück er-  trunken. Der erwachsene Schaden an Gebäuden allein wurde zu 8.330    und einschließlich des Haus- und  Ackergeräts, des Viehes und Getreides zu 18.874    ermittelt. Die Bewohner hatten kaum Zeit gehabt, nach  dem Leuchtturm zu flüchten, um hier ihr Leben zu bergen; sie hatten so gut wie alles verloren und was zu-  nächst das empfindlichste war, es fehlte ihnen Süßwasser. Aber trotz allem Ungemach wünschten sie (es  waren im ganzen 49 Personen) auf der Insel zu bleiben.   .....   Im Flecken Ritzebüttel allein hatten 309 Personen ihre Wohnungen verlassen müssen, ohne sie fürs erste  wieder beziehen zu können, standen doch viele Stellen 3 Tage lang, andere sogar 7-10 Tage lang unter  Wasser. Etwa die Hälfte der aus ihren Häusern Vertriebenen fand Aufnahme und Versorgung bei Bekannten  oder anderen Wohltätern; aus Süderwisch waren viele nach Altenwalde geflüchtet und blieben dort bis zu 21  Tagen. Das dringendste war zunächst, die Flüchtlinge mit Lebensmitteln zu versorgen. In der Zeit vom 6. bis  22. Februar wurden in Ritzebüttel und Cuxhaven im ganzen 846, in Berensch 42 Personen mit Lebensmit-  teln (Fleisch, Brot, Erbsen, Graupen) versehen; die Höchstzahl an einem Tage betrug 184. Die Unterstüt-  zung wurde bei vielen auch nach ihrer Rückkehr in ihre Wohnungen fortgesetzt, weil sie ihren Lebensunter-  halt noch nicht verdienen konnten und zur Verhütung von Krankheiten gesunde Nahrung für besonders not-  wendig erachtet wurde. Auch Torf ward an 315 Personen verteilt, damit sie ihre Wohnungen wieder trocken  machen konnten.   Ganz besonders traurig war die Lage der Bewohner von Neuwerk in den ersten Tagen. Sie hatten so gut wie  alles verloren und besonders fehlte ihnen das Trinkwasser, da die große Tränke voll Seewasser gelaufen  war. Alle Bewohner wurden bis zum 10. März mit allen Lebensmitteln versorgt. Wir finden in der Zusammen-  stellung der Unterstützungskommission in erster Linie und immer wiederkehrend Wasser, dann Brot. Mehl,  Zucker, Butter (sehr reichlich), Kartoffeln, Torf usw., auch zweimal Bier und zweimal je 1 Anker Branntwein.  In den ersten Tagen, wahrscheinlich weil der Weg über das Watt noch nicht wieder benutzbar war und Rit-  zebüttel selbst noch teilweise unter Wasser stand, wurde sogar Wasser in einem Ewer aus Glückstadt ge-  holt. Später versuchte man auch durch eine Brunnenbohrung auf der Insel süßes Grundwasser sich zu ver-  schaffen, jedoch ohne Erfolg.   Mit dem Armenhaus und der dazugehörigen Reepschlägerei hatten auch die Schulhäuser mit ihren Neben-  anlagen in Ritzebüttel, Cuxhaven und Berensch, sowie das Pastoratland in Neufeld Schaden genommen.  Die Kosten der Instandsetzung wurden von der Unterstützungskommission übernommen, da sie im anderen  Falle den Gemeinden zur Last gefallen wären, die sie nach so vielen Unglücksfällen nicht zu tragen im-  stande gewesen wären.   Der Überschwemmung durch Seewasser waren anheimgefallen: im Grodener Teil 390 Morgen Ackerland  (von 505 Morgen), 71 Morgen Wiesen (von 71), im Neufeld 100 Morgen (von 100), im Döser Teil 556 Mor-  gen (von 662), in Arensch 18 Morgen, in Berensch 37 Morgen, auf Neuwerk 80 Morgen (von 80), zusammen  1252 Morgen. Davon waren 660 Morgen mit Wintersaat bestellt, die vollständig vernichtet wir. Als Ersatz  wurde den Besitzern zur Aussaat Sommerkorn geschenkt, das aber im ganzen nur einen mittelmäßigen Er-  trag brachte. Die Geschädigten mußten ihre Wintersaat für das kommende Jahr kaufen, teilweise auch Fut-  ter für ihr Vieh und sogar Butter für ihre Haushaltungen. Vielfach ernteten sie nicht so viel, daß sie den Lohn  ihrer Leute bestreiten konnten. In dem nicht überschwemmten Teil des Amtes dagegen lieferten Weizen und  Roggen sehr reichliche Erträge. In Würdigung dieser Notlage wurde den geschädigten Landleuten später  die Hälfte der Grundsteuer für das laufende Jahr erlassen.   Im Gegensatz dazu eröffneten sich für die Handwerker und Tagelöhner mit der Ausbesserung der Schäden  aller Art sehr reichliche Erwerbsquellen, die noch bis in das nächste Jahr fortdauerten.   .....   Ein rühmliches Zeugnis von Gemeinsinn legte eine Anzahl nicht deichpflichtiger Bewohner von Ritzebüttel  und Cuxhaven an den Tag. Aus der Erwägung heraus, daß bei den außerordentlichen Deichschäden die  Lasten der Landleute zu drückend wären, als daß es billig erschiene, wenn die minder Belasteten ihnen  nicht freiwillige Hilfe leisteten, daß es nicht möglich sei, den Hafendeich bis zur Badezeit, von der doch so  manche Bürger Nutzen zögen, wiederherzustellen, daß höchstwahrscheinlich die Erhöhung des Hafen-  deichs im laufenden Jahre nicht würde beschafft werden können und mithin alle wegen der Stürme im kom-  menden Herbst und Winter immerwährend in Besorgnis leben müßten, beriefen sie eine Versammlung ein,  die auf ihre Anregung hin den Beschluß faßte, mit eigenen Kräften die Ausbesserung und Erhöhung der bei-  den Hafendeiche zu übernehmen. Als in den nächsten Tagen wegen angeblicher Mißverständnisse dieser  Beschluß aufgehoben werden mußte, wandten sich die Einberufer jener Versammlung mit einem Aufruf an  die Bewohner und baten um Geldbeiträge für den genannten Zweck. Außer den Barbeträgen, die von Kor-  poralschaften eingesammelt wurden, stellten auch einige ihre eigene Arbeitskraft zur Verfügung. Es gingen  annähernd 6.000 ein, die aber nicht vollkommen ausreichten, so daß die Unterstützungskommission sich  bereit erklärte, das Fehlende zuzuschießen. Ferner übernahm sie alle Rechnungen für die in der Zeit der  Not an die Deiche gelieferten Baustoffe, die sonst auf die Deichpflichtigen hätten verteilt werden müssen.  Durch alle diese Unterstützungen wurden die der Unterstützungskommission zur Verfügung stehenden Mit-  tel erschöpft.   .....  Ihrem Dank gaben die Bewohner durch folgende Bekanntmachung der Schultheißen und Landesadjunkten  des Amtes Ritzebüttel Ausdruck:   Wenn wir es nicht dankbar genug erkennen können, wie unsere Vaterstadt Hamburg sich unserer bei den  großen uns betroffenen Unglücksfällen annimmt, wenn alles, von der obersten Staatsbehörde bis zu dem  kleinsten Einwohner wetteifert unsere Leiden zu mindern, so müssen wir es ganz besonders dankbar er-  kennen, daß der Herr Woltman, Direktor der Strom- und Uferwerke, uns gleich in den ersten Tagen der Not  aus Hamburg zugesandt worden; er kam unter uns wie ein wahrer Retter in der Not, da er durch seinen ge-  diegenen Rat und durch die große Achtung, in der er bei uns als früherer Bewohner von Cuxhaven und als  Vollführer der Uferwerke, die das Amt diesmal vielleicht vom Untergänge gerettet haben, steht, uns von dem  allergrößten Nutzen war, so daß wir ohne seine Gegenwart lange noch nicht so weit wieder sein würden, als  wir jetzt sind. Seine Vorschläge wurden mit dem größten Dank aufgenommen, seine Gegenwart regte die  Tätigkeit an und gab uns Hoffnung und Mut. Gott erhalte uns für immer die Liebe unserer Hamburger und  wir werden nie verderben, da uns dann Hoffnung und Hilfe nie fehlt."   Während es in der Nähe Hamburgs fortgesetzter Mahnungen seitens der Deichbehörde bedurfte konnte hier  Woltman Ende September aussprechen, daß man im ganzen sehr fleißig gewesen sei. Nur die Bewohner  von Berensch und Neuwerk bildeten eine Ausnahme. Die Deiche wurden zunächst nur auf ihre vorige Höhe  gebracht: die weitere Erhöhung und Verstärkung, soweit sie die Februarflut als notwendig erwiesen hatte,  wurde auf das folgende und die nächsten Jahre verschoben. Diese Erhöhung ergab sich im Durchschnitt  beim Neufelder Deich, dem westlichen Hafendeich und dem Döser Deich zu 0,60 m, beim Steinmarner  Deich zu 0,70 m und beim östlichen Hafendeich sogar zu 1,0 m.   Auf Neuwerk reichte die geringe Anzahl der Bewohner, die überdies fast alles verloren hatten, nicht aus, um  die Wiederherstellung ihrer Deiche im Laufe des Sommers selbst durchführen zu können. Infolgedessen  übernahm der Staat diese Arbeiten auf seine Kosten und ließ sie durch Übernehmer ausführen. Auch wurde  den Bewohnern für die verlorene Wintersaat Sommersaat geschenkt und die Grundmiete für das laufende  Jahr erlassen.   .....  Die Sturmflut vom 27. November 1825, deren Höhe in Cuxhaven um 0,50 m hinter der Februarflut zurück-  blieb, unterwarf auch hier die frisch ausgebesserten Deiche einer schweren Probe. Die Hafendeiche und der  Neufelder Deich hielten sich gut, nur lief bei dem letzteren etwas Wasser über. Der Döser Deich wurde stark  beschädigt, so daß die Bewohner wieder in Angst und Schrecken versetzt wurden (Woltman), der Steinmar-  ner Deich wurde ebenfalls überall beschädigt und an der Binnenseite durch überlaufende Wellen viele fri-  sche Erde abgespült. Sogar große Feldsteine von dem noch nicht vollständig wieder ausgebesserten Ufer-  werk wurden auf den Deich geschleudert. Ein Bruch kam aber glücklicherweise an keiner Stelle vor. Auf  Neuwerk wurde der Außendeich durch Überlaufen stark beschädigt und erhielt einen kleinen Bruch von 6 m  Länge, ebenso der innere, den Turm umgebende Deich. Die Insel wurde wiederum unter Wasser gesetzt,  auch die Tränke mit Salzwasser gefüllt, jetzt entschied aber der Senat, da der Staat schon so viel Außer-  ordentliches für die Insel getan habe und die Bewohner sich dadurch der Sorglosigkeit noch mehr zu Über-  lassen schienen, daß die Ausbesserung des Deiches diesmal wieder von den Bewohnern entsprechend  ihrer vertraglichen Verpflichtung zu Übernehmen, auch das Auspumpen des Salzwasser aus der großen  Tränke ihnen überlassen werden solle.   - Soweit der Beitrag Otto Höch - _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ Ein Zeitungsartikel   An einer Stelle des Berichtes ließen sich zwei Wörter nicht mehr annähernd entziffern. Sie sind durch Frage-  zeichen ersetzen.   Ritzebüttel, den 4. Februar 1825. Nachdem es gestern den ganzen Tag über fürchterlich aus Nordwest geweht hatte, traf Abends um 10 Uhr  plötzlich die Nachricht ein, das Wasser steige mit beispielloser Schnelle und bedrohe Ritzebüttel. Bald stand  das Neufeld unter Wasser und umgab die Reepschlägerei, der man trotz aller Anstrengung, keine Hülfe brin-  gen konnte. In demselben Augenblick brach der Obdeich an der Ostseite des Hafens, dann strömte das  Wasser über den Kamm des Binnen- oder alten Grodener Deichs und zerriß ihn in der Nähe des Armenhau-  ses, drang von da nach dem dahinter befindlichen Deich und dann in das Siel, das Ritzebüttel mitten durch-  schneidet. Erst um 2 Uhr war die Gefahr vorüber; allein das Wasser fiel bei Eintritt der Ebbe nur um 2 Fuß.  Der Anblick heute bei Tagesanbruch war schaudervoll. Das ganze Land war ein Wasserspiegel. Die Hannö-  verschen Deiche sind ohne Zweifel gebrochen, auch der Grodener Seedeich scheint an 5 bis 6 Stellen  durchrissen zu seyn. Ueber die Beschädigungen im Einzelnen hier am Ort ist noch nicht genau zu berichten.  Der Grund des Leuchtthurms hat bedeutend gelitten. Beim Badehaufe sieht man vorn und hinten, die nack-  ten Gründlpfähle. Wannen und Röhren sind zertrümmert, die hölzernen Seifenbehälter nach der See hin-  weggeschlagen. Das Schifferhaus steht nur auf einem Pfahl; die Parkhäuser sind alle weg. Schiffe, an de-  nen gearbeitet wurde, sind umgekehrt, andre auf den Strand geführt oder ganz weggerissen worden. Von  dem ? auf den ? wissen wir nichts, da alle Verbindung unterbrochen ist. Eine Hungersnoth ist wohl nicht zu  fürchten, aber das augenblickliche Elend ist sehr groß. Viele Menschen haben von ihren Habseligkeiten  nichts gerettet, als die Kleidungsstücke, die sie eben trugen, und ihren ganzen Viehstand verloren. Das un-  überwindliche Unglück ist nicht sowohl durch die Schwäche der Deiche, als dadurch entstanden, daß die  Deiche nicht hoch genug waren. Auch die Insel Neuwerk hat unsäglich gelitten. Kein Haus ist unbeschädigt  geblieben. Der Thurm hält sich nur durch Stützen, und durch den Bruch des innern Deiches ist alles Vieh  ertränkt worden. Die Menschen haben sich, von allem entblößt, hierher gefluchtet. Nur die Bewohner des  Thurms und die Lamperwärter im Leuchtthurm sind geblieben und werden von hieraus mit Lebensmitteln  versehen. Was man am empfindlichsten entbehrt, ist Trinkwasser, da alles Wasser mit Seewasser vermischt  ist.   _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ Ein paar Nachträge Noch zu erwähnen wäre, dass sich nach Überschwemmungen neben der jahrelangen Versalzung der  Ackerböden, infolge der Versalzung des Trinkwassers noch weitaus schwerer, die regelmäßig auftre-  tenden Marschenfieber auswirkten. In den Symtomen ähnlich der Malaria, kostete es allein das Amt  Ritzebüttel in den folgenden zwei Jahren nochmals  etwa 400 Menschenleben. 50% der Einwohner  wurden von dem Fieber befallen.   Ein Relikt dieser Sturmflut ist Cuxhaven erhalten geblieben. Der  zunächst erwähnte Bruch des Hafendeiches beim heutigen Was-  serturm hat einen Kolk hinterlassen, das zwischen dem Wasser-  turm und der Kapitän Alexander-Straße gelegenen Kalkofen- oder  auch Pudelwehl. Ein zweites Wehl bildete sich gegenüber der  Großen Hardewiek beim Bruch des alten Hadeler Seebands-  deiches in einer Breite von 43 Metern, der dann den Ort selber  versinken ließ. Das sogenannte Scharnstwehl nach den Grund-  stückseigner, dem Lotsen Peter Scharn, spühlte 12 Meter tief  aus. Es wurde später verfüllt und mit dem Haus Atlantic und der  Heimstätte überbaut.  Der bis dahin merkwürdige Schlenker des Deiches zwischen Hardewiek  und Schleuse, Ergebnis der Ausdeichung eines früheren Deichbruches,  wurde nach dieser Sturmflut wieder auf seines alte  Strecke verlegt. Die Linie entspricht der heutigen  Bahnhofstraße, zog sich über die Schleuse hin-  weg und schloss an des westlichen Obdeich an.  Der Verlauf des alten Deiches lässt sich heute  nachverfolgen an den Straßen `Große Harde-  wiek´, weiter in die `Lehmkuhle´ und die Straße  `Am Wehl´, dann im Bogen hinter den nord-  westlichen Häusern der Nordersteinstraße entlang  zur Schleuse. Noch heute haben diese letzten  Häuser vor der Schleuse, z.B. die Bäckerei Tiede-  mann, auf der Rückseite Ausgänge in der 1. Eta-  ge, also in Deichhöhe, da sie hier früher einen  direkten Zugang hatten.   Als Konsequenz aus diesen immer wiederkehrenden Überflutungen des  Neuen Feldes, also des Gebietes, auf dem sich heute die Bahnhofsanlage  und das Fischereihafengebiet befindet, wurde dieses gegen Ende des 19.  Jahrhunderts mit Sand aus Altenwalde aufgehöht. Deutlich daran zu erkennen, dass heute die Kapitän  Alexander-Straße zwischen Bahnhofstraße und Konrad Adennauer-Allee ansteigend ist.    Abspann Quellen:  C.A. Heynsohn, Ritzebüttel: Die Wassernoth anno 1825  Dr. B. E. Siebs: Die Februarflut 1825  Friedrich Arends: Gemälde der Sturmflut vom 3. bis 5. Februar 1825, 1826  Otto Höch: Die Sturmflut vom 3./4. Februar 1825 im hamburgischen Staatsgebiet    Dank an:   Archiv der Stadt Cuxhaven  Internet 
Rückseite der ehemals deichanliegenden Häuser der Nordersteinstraße mit Hinterausgang in der 1. Etage, was in etwa der damaligen Deichhöhe entsprach. Zurück Nachoben Seite 1 Kalkofenwehl unterhalb des Waserturmes. Warmes Badehaus mit Leuchtturm um 1816 siehe Text