Rolf Johannesson - Flottenchef und Ritterkreuzträger
Rolf Johannesson wird am 22. Juli 1900 als Sohn eines Studiendirektors an der
`Preußischen Hauptkadettenanstalt´ Berlin-Lichterfelde daselbst geboren. Nach
dem Abitur tritt er am 1. Juli 1918 der kaiserlichen Kriegsmarine als Seekadett
bei. Schon nach drei Monaten an der Marineschule in Mürwik wird er zur
weiteren Ausbildung am 7. Oktober 1918 als Praktikant auf das Linienschiff
`SCHLESIEN´ versetzt. Hier erlebt er nach knapp zwei Monaten auf der Ostsee
den Waffenstillstand und am 30. November 1918 seine Entlassung durch die
provisorische Regierung.
Nach Hause zurückgekehrt ist er vom 1. Dezember 1918 bis zum 31. Januar
1919 in Berlin immatrikuliert für die Fächer Öffentliches Recht, Wirtschaftsrecht
und National-Ökonomie. Bereits am 1. Februar 1919 tritt er der kleinen Reichs-
marine in der Marine-Stammkompanie im 1. Garde-Reserve-Regiment zu Fuß
bei, um als Freiwilliger in Kurland die deutschsprachige Bevölkerung gegen
vordringende Russische Verbände zu verteidigen. Am 15. oder 30. Juli 1919
kehrt er nach Berlin zurück und führt dort sein Studium weiter. Gleichzeitig
absolviert er eine Ausbildung zum Bankkaufmann und wechselt nach dem Abschluss an die Universität
Tübingen.
Am 20. Februar 1921 wird er als Reservist reaktiviert und kommt wiederum als Offiziersanwärter, sprich
`Seekadett´ zur 11. Minensuch-Halbflottille auf das Minensuchboot `M 66´, welches in der Nordsee mit der
Räumung von Minen beauftragt ist. Am 26. März 1921 erfolgt eine Versetzung auf den Leichten Kreuzer
`HAMBURG´, der Minenräumverbände im Weißen Meer unterstützt.
Nach erneutem Besuch der Marineschule vom 1. April 1922 bis
zum 31. März 1923 und Beförderung zum Fähnrich zur See erhält er
bis zum 31. 3. 1924 eine Weiterbildung und Waffenausbildung auf
dem Schulkreuzer `BERLIN´ und wird schließlich vom 1. April 1924
bis zum 30. September 1927 Wachoffizier in der I. Torpedoboot-
Halbflottille auf dem Torpedoboot `T 143´, wo er am 1. April 1924
zum Leutnant zur See und am 1. Januar 1926 zum Oberleutnant
zur See befördert wird.
Am 30. September 1927 erhält er den Posten des Adjutanten der
Schiffsartillerieschule bzw. ab dem 1. Juni 1928 bei der III. Marine-
Artillerie-Abteilung. Ab 18. Juli 1928 wird er Kommandant in der UZ-
Halbflottille, womit er gleichzeitig ab 20. Juli dem Stab der Marinestation Ostsee zugeteilt ist. Hier steht er
dem Chef des Stabes zur Verfügung. Ab 7. September 1929 kommandiert er den Tender `WACHT´. Als Wach-
und 2. Artillerieoffizier kommt er am 30. September 1930 auf den Leichten Kreuzer `KÖNIGSBERG´ und wird
am 27. September 1932 Kommandant auf den Torpedobooten "T 190" und "G 8". In diese Zeit fällt am 1. Juli
1933 die Beförderung zum Kapitänleutnant.
Am 24. September 1934 wird er zur Abwehr versetzt und arbeitet im Reichswehrministerium, wo er am 1.
April 1937 zum Korvettenkapitän ernannt wurde. Vom 10. Juli 1937 bis zum 31. Oktober 1937 ist er im
Rahmen des Spanien-Feldzuges Leiter der Sabotage- und Spionageabwehr der Legion Condor und zugleich
Standortkommandant von Salamanca (Spanien).
In Deutschland zurück wird er am 15. November 1937 Ausbildungsleiter (Kommandeur) bei der 3. und 5.
Zerstörerflottille und erhielt vom 18. 5. 1938 bis zum 7. 6. 1938 eine Baubelehrung für Zerstörer bei der
Blohm & Voss-Werft in Hamburg.
So ausgebildet übernimmt er vom 8. Juni 1938 bis zum 27. Januar 1942 das Komman-
do über den von ihm in Dienst genommenen Zerstörer (Z 15) `ERICH STEINBRINCK´
mit Einsätzen ist Nord- und Ostsee und ist beteiligt am Vorstoß der Schlachtschiffe ins
Nordmeer. Dabei wird er in das Gefecht bei Jan Maien verwickelt. In dieser Eigenschaft
wird er am 1. 8. 1940 zum Fregattenkapitän ernannt. Bereits ab 18. Oktober - 10. De-
zember 1941 wird er vertretungsweise zum 1. Asto beim Admiral der Ägäis im Teilstab
Athen (MGrpKdo.Süd) ernannt. Am 8. Februar 1942 übernimmt er das Kommando des
gekaperten ehemals griechischen Zerstörers `VASILEFS GEORGIOS´, jetzt ZG 3. Er
ist größtes deutsches Kriegsschiff im Mittelmehr und gilt später als `glücklich´; während
34 Fahrten als Geleit nach Afrika gab es keine Verluste an Transportern. Aufgrund
dessen wird ihm am 22. August 1942 der Beiname ZG 3 `HERMES´ verliehen. Mit
diesem Schiff verdient sich Johannesson am 12. Februar 1942 das Deutsche Kreuz in
Gold und am 7. Dezember 1942 das Ritterkreuz und wird am 1. September 1942 zum
Kapitän zur See befördert.
Am 6. April 1943 wird er Chef der 4. Zerstörerflottille; ihm unterstehen damit 7 neue Zerstörer. Ab dem 27.
Dezember 1943 ist er zugleich Befehlshaber der Kampfgruppe Nordnorwegen. Ab Februar 1944 wird er zum
stellvertretenden Oberbefehlshaber des Marineoberkommandos Ost ernannt. Hier gerät er erstmals offen in
Widerspruch zur politischen und Marineführung. Vom 9. bis 12. November 1944 ist er kurzzeitig Chef des
Stabes beim Marinekommando "Oslo" und erhält nach Protest gegen die dortige Verwendung am 12.
November 1944 den Posten des `Seekommandanten Elbe-Wesermündung´ mit den Abschnitten: Helgoland,
Wesermünde-Bremerhaven, Cuxhaven und Brunsbüttel. Sein Amtssitz ist das Amtsgerichtsgebäude in Ottern-
dorf. Hier wird er am 30. Januar 1945 zum Konteradmiral befördert. Am 11. Februar 1945 wird er in Vertretung
zum kommandierenden `Admiral Deutsche Bucht´ ernannt. Gleichzeitig wird Otterndorf zum Sammelpunkt
seiner und der Familien seiner Frau, die aus Swinemünde und Schlesien flüchten müssen.
Mit Kriegsende wird er am 8. Mai 1945 der britischen Besatzung unterstellt. Seine Dienststelle besteht
zunächst weiter, um die regionalen Militäreinrichtungen geordnet abzuwickeln. Neuer Sitz seines Stabes ist
das Rittergutsgehöft Platen in Krummendeich-Stellenfleth, heute Gut Stellenfleth, Stellenfleth 54. Nach der
Entlassung von ca. 40.000 deutschen Bediensteten seines Bereiches, Zivilisten, wie Soldaten, wird er als letz-
ter verbliebener Militär im Januar 1946 dann offiziell in ein belgisches Obristenlager in britische Kriegsgefan-
genschaft genommen, aus der er am 10. Dezember 1946 entlassen wird.
Durch Unterstützung des Pastors und Kriegskameraden Martin Niemöller wird er 1947 als Bürochef und
Finanzreferent beim evangelisch-kirchlichen Außenamt angestellt, wo er bis 1956 weilt.
Am 1. Januar 1957 tritt er auf lebhafte Befürwortung Baudissins als Befehlshaber des
Kommandos der Flottenbasis in Wilhelmshaven der Bundesmarine bei, wo er bis
zum 15. März d.J. einen Einweisungslehrgang zum Flottillenadmirals absolviert. Am
1. April 1957 wird er zum Flottillenadmiral befördert. Er erhält damit den Posten des
Kommandeurs des am 15. Juni 1956 gegründeten `Kommandos der Seestreitkräfte´,
am 5. März 1958 umbenannt in `Kommando der Flotte´, am 1. Januar 1967 dann
`Flottenkommando´. Im Juni und August 1957 leitet er die beiden ersten Manöver der
Marine unter den Decknamen `Seewolf´ und `Alte Liebe´.
Am 22. Dezember 1958 wird er dann zum Konteradmiral der Bundesmarine beför-
dert. Gegen seinen Willen wird das Kommando am 1. Dezember 1960 von Wilhelms-
haven nach Glücksburg verlegt, wo es am 1. Januar 1967 in `Flottenkommando´
umbenannt.
Am 31. August 1961 erfolgte seine Verabschiedung. Er arbeitete bis 1965 als Berater der Kieler Howaldts-
werke-Deutsche Werft und als Prokurist bei den Bamberger Greiff Werken.
Vom 1. 4. 1965 bis zum 27. 9. 1983 war er Bundesbeauftragter beim Seeamt in Hamburg.
Rolf Johannesson starb am 6. 12. 1989 in Hamburg; er hinterließ Frau und drei Kinder. Sein Verhältnis zu
seinen Untergebenen ebenso wie seine seemännischen und taktischen Qualitäten drücken sich am besten in
dem Namen aus, unter dem er bei seinen Mannschaften geläufig war: Johann Nelson.
Nachsatz
Johannesson war von Anbeginn kein Befürworter, bestenfalls Dulder des Naziregimes. Dieses änderte sich
zunehmend; entgültig jedoch mit dem Erleben der Reichs-Kristallnacht. Damit geriet er zunehmend in die
Devensive zum System. Er konnte zwar nie zum organisierten Widerstand gerechnet werden, jedoch ließ er
an seiner Abneigung in seinem Umfeld keinen Zweifel aufkommen. Mit zunehmnder Machtfülle durch seinen
militärischen Aufstieg konnte er dem Parteiapparat auch offener entgegentreten, was sich schließlich in
seinem Amt als Befehlshaber des Elbe-Weserraumen, bzw. der deutschen Nordseeküste so darstellte, dass
er offen die Ausführung ihm unsinnig erscheinender Parteibefehle verweigerte. So war er zu Kriegsende
aufgefordert worden, die Deiche zu öffen, um das Land zu versalzen oder aber um freier Schießbahn wegen
verschiedene Bauerngehöfte niederzulegen. Auch sollte er von in der Wesermündung liegenden Schiffen die
Antriebswellen sprengen, um sie so, fahruntüchtig, als Schiffssperre zu verwenden. Sein Argument war, er sei
zum Schutz, nicht zur Zerstörung des Landes angestellt. Dieses verantwortungsvolle, mannhafte Verhalten
brachte ihm den tiefsten Dank des Wesermünder Oberbürgernmeisters ein. Und nicht weniger steht
Cuxhaven in der Schuld dieses fast vergessenen Mannes.
Leitspruch für Johannesson war in diesem Zusammenhang ein Wort von Perikles: “Sei überzeugt, das
Geheimnis des Glückes ist Freiheit, das Geheimnis der Freiheit aber ist Mut.” Daraus wandelte er für sich und
sein Handeln: “Im Kriege Mut, im Frieden Zivilcourage zu haben als unabdingbare Eigenschaft eines
Offiziers.” Dazu gehörte für ihn die “völlig objektive Darstellung kriegsgeschichtlicher Ereignisse, um die
ganze Wahrheit und um die Erziehung zur Zivilcourage. Zum Einschlagen dieses Weges gehört eine ganz
schöne Bereitschaft, sich unbeliebt zu machen.”, wobei er es nicht darauf anlegt, wohl aber inkauf nahm. Sich
selbst sah er als kritisch, nicht immer aber als konsequent. So war er der einzige, der 1960 offen die Berufung
von Großadmiral Dönitz als Trauerredner beim Begräbnis von Admiral Raeder als `unglückselige Maßnahme´
anprangerte.
Dieser Gesamteinstellung war es geschuldet, dass er 1957 die `Historisch-Taktische Tagung´, bekannt als
`HiTaTa´, ins Leben rief. "Die Tagung ist ein Forum, das dem Selbstverständnis des Seeoffiziers unter
besonderer Beachtung der historischen Wurzeln dienen soll. Es fördert die berufsbezogene Weiterbildung,
behandelt die Anliegen der Flotte und trägt zur Integration innerhalb der Flotte bei." Die HiTaTa erfreut sich
der Beliebtheit bis dato.
Aufgrund seiner Kriegserfahrungen betreibt Johannesson eine Veränderung in der Marine-Kommandostruktur,
indem er sich dafür einsetzt, die operative Führung im Kriegsfall von den NATO-Oberen auf die Befehlshaber
in See und damit auf ihre aktuelle Lagebeurteilung zu übertragen, um dadurch flexibler agieren zu können.
Beförderungen
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1. Juli 1918
- Seekadett
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1. April 1922
- Fähnrich zur See
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1. Oktober 1923
- Oberfähnrich zur See
•
1. April 1924
- Leutnant zur See
•
1. Januar 1926
- Oberleutnant zur See
•
1. Juli 1933
- Kapitänleutnant
•
1. April 1937
- Korvettenkapitän
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1. August 1940
- Fregattenkapitän
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1. September 1942
- Kapitän zur See
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- Kommodore
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1. Januar 1945
- Konteradmiral
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1. Januar 1957
- Flottillenadmiral
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22. Dezember 1958
- Konteradmiral
Auszeichnungen
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1918
- Ehrenkreuz für Frontkämpfer
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19. Juli 1919
- Eisernes Kreuz II
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25. 10. 1934
- Ehrenkreuz der Frontkämpfer
•
- - -
- Baltenkreuz II. Klasse
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- - -
- Baltenkreuz I. Klasse
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6. Juni 1939
- Spanienkreuz in Silber mit Schwertern
•
11. Mai 1938
- Wehrmacht-Dienstauszeichnung IV. bis II. Klasse
•
1. Oktober 1938,
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6. November 1939
- Spange zum Eisernen Kreuz II. Klasse
•
- - -
- Medaille zur Erinnerung an den Spanienfeldzug
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15. Dezember 1939
- Eisernes Kreuz I. Klasse
•
20. Dezember 1939
- Schließe zum Eisernen Kreuz I. Klasse
•
dito.
- Sudetenland-Medaille
•
17. 8. 1940
- Zerstörer-Kriegsabzeichen
•
12. Februar 1942
- Deutsches Kreuz in Gold
•
7. Dezember 1942
- Ritterkreuz des Eisernen Kreuzes
•
12. Juli 1961
- Großes Verdienstkreuz des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland
(Großkreuz des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland)
Kommandos
•
Tender `Wacht´ von 7. bis 20. September 1929
•
Torpedoboote `T 190´ und `G8´ von 27. September 1932 bis 23. September 1934
•
Zerstörer Z 15 `Erich Steinbrinck´ von 8. Mai o. Juni 1938 bis 27. Januar 1942
•
Zerstörer ZG 3 `Hermes´ von 8. Februar 1942 bis 2. April 1943
Veröffentlichungen
•
Erinnerungsbuch des Konteradmirals Johannesson: "Marine-Erinnerungen 1918-1983". Gebunden und
qualitativ gedruckt, aber aus persönlichem Grund nie veröffentlicht.
•
Rolf Johannesson: Offizier in kritischer Zeit, Herford und Bonn 1989, ISBN 3-8132-0301-8
(Autobiografie)
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diverse Fachliteratur
Bilder
Johannesson als Offizier der
Kriegsmarine
Reichsmarine
Bundesmarine
Johannessons Schiffe
Artefakte Johannessons
Abspann
Dank an:
•
Beck Militaria
•
briz-spb.narod.ru
•
forum-marinearchiv.de
•
Deutsches maritimes Institut
•
Hoffmann - Kusserow: Die Generale und Admirale der Bundeswehr 1955 - 1999. Bd. 2,2
•
Konteradmiral z.D. Holzhauer: Das Volk in Waffen, Band 2: Die Deutsche Kriegsflotte, Der Gelbe Verlag
Mundt & Blumtritt, Dachau
•
Library of Congress, USA
•
marine.de
•
Munzinger Archiv GmbH
•
Presse- und Informationszentrum Marine, Glücksburg
•
ritterkreuztraeger-1939-45.de
•
Rolf Johannesson: Offizier in kritischer Zeit, Mittler & Sohn, Herfort und Bonn, 1989, ISBN 3 8132 0301 8
•
wikipedia.de
•
ww2awards.com